Die Siebe in den Siebträgern von Espressomaschinen werden häufig übersehen. Schließlich verstecken sie sich meist. Tatsächlich lohnt sich jedoch ein näherer Blick auf die Siebe. Schließlich haben sie nachhaltige Auswirkungen auf die gleichmäßige Extraktion von Espresso.
Präzisionssiebe für bessere Espressoexktraktion
Vor fast 10 Jahren brachte Vince Fedele von VST zum ersten Mal seine Präzisionssiebe für Espressomaschinen auf den Markt. Bis dahin wurden viele Fortschritte im Bereich der Espressomaschinentechnik gemacht: von PID-gesteuerten Dualboiler-Maschinen bis hin zu gesättigten Gruppenköpfen. Mit den Sieben hatte sich bis dahin aber noch nie jemand richtig auseinander gesetzt.
Präzisionssiebe von IMS: Die Konkurrenten
Seit wenigen Jahren ist nun eine zweite Firma am Start, die Präzisionssiebe für Espressomaschinen anbietet: IMS. Unter der Marke „Espresso & Brewing“ werden diese Siebe der VST-Konkurrenz vertrieben.
Obwohl die Siebe von VST revolutionär waren, waren sie nicht die ersten am Markt der Präzisionssiebe. Ersatz für die einfachen gestanzten Siebe, mit denen Espressomaschinen ausgeliefert werden, wurde schon früh angeboten. So wurden beispielsweise die Espressosiebe von Synesso stets hoch geschätzt. Die VST Inc. war jedoch das erste Unternehmen, welches die Auswirkungen von Geometrie, Lochdurchmesser und Form auf die Extraktion vollständig untersuchten und dann einen Filter mit einer garantierten Konsistenz von Lochplatzierung und Form anboten.
Der typische Fehler in der Konstruktion von Espressosieben
Die meisten handelsüblichen (und billigen) Espressosiebe haben nämlich einen schwerwiegenden Konstruktionsfehler: Die Lochgrößen variieren stark. Einige Löcher sind groß genug, um Kaffeepartikel in den Espresso gelangen zu lassen. Andere widerum sind so klein, dass sie leicht verstopften.
Zudem ist die Geometrie dieser Siebe in der Regel nicht für eine gleichmäßige Extraktion optimiert. Faktisch sind die Siebe konisch konstruiert: Die Austrittsfläche (das eigentliche Sieb) ist oft deutlich kleiner als die der Öffnung, was zu einem nicht idealen Wasserfluss durch den Kaffeepuck führt.
VST Siebe: Das Maß aller Dinge?
Und so waren die VST-Siebe lange Zeit das Maß aller Dinge, wenn es um die perfekte Espressoextraktion geht. Gelegentlich hört man Beschwerden von einigen Baristi, dass die VST-Siebe wenig verzeihen. Allgemeiner Konsens in der Barista-Szene ist jedoch, dass eine homogene Verteilung des Mahlgutes und akkurates Tampen Probleme schnell beseitigen.
Nun ist, wie schon erwähnt, die die Marke IMS auf dem Markt tätig. Das italienische Unternehmen produziert seit Ende des Zweiten Weltkriegs Produkte aus Metall für die Espressomaschinenhersteller. 2015 brachte nun IMS neue Präzisionsiebe auf den Markt, von denen IMS behauptet, dass sie die gleichen Vorteile wie die VST-Siebe bietet.
Welche Siebe sind besser? VST oder IMS?
Um die beiden Siebe direkt miteinander vergleichen zu können, ist es natürlich zwingend, dass man die Siebe mit den gleichen Kaffees auf der gleichen Maschine extrahiert und anschließend blind verkostet.
Besonderes Augenmerk muss beim Testen darauf gelegt werden, dass der Mahlgrad dem jeweiligen Sieb angepasst wird. Ziel sollte stets eine Brew Ratio von 1:2 sein, sprich 1 Menge Kaffeepulver zu 2 Mengen extrahiertem Espresso.
Interessanterweise gibt es auch eine signifikante Varianz im Mahlgrad, wenn man die identisch dimensionierten VST- und IMS-Siebe miteinander vergleicht. Die IMS-Siebe benötigten eine etwas feinere Mahlgrad-Einstellung als ihre VST-Brüder um die gleichen Ergebnisse zu erzielen. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass die Lochdurchmesser der jeweiligen Siebe unterschiedlich ausfallen.
IMS Siebe geschmacklich etwas im Vorteil
Nun, geschmacklich gesehen gibt es bei uns in der Kaffeedoc-Versuchsküche einen leichten Vorteil für die IMS-Siebe. Wir schmeckten etwas mehr Süße und etwas mehr Zartheit in der Tasse. Allerdings waren die Unterschiede wirklich sehr gering. In einem Cappuccino wären die geschmacklichen Nuancen definitiv nicht identifizierbar.
Eine mögliche Erklärung für die Präferenz für die IMS-Siebe ist, dass sie eine feinere Mahlung für denselben Espresso in Bezug auf Brühverhältnis, Dosierung und Zeit benötigen als die entsprechenden VST-Siebe.
Bei den IMS-Sieben gibt es jedoch ein Problem: Mit einigen helleren Röstungen und dem kleinsten Doppelsieb (15g) stießen wir fast an die Grenzen der Feinheit des Mahlgrades unserer Mahlkönig KS30.
Übrigens: Sowohl IMS als auch VST empfehlen die Verwendung von 58,4mm Tampern.
Unser Fazit:
Basierend auf unseren – zugegebenermaßen subjektiven – Geschmackstests haben die IMS-Siebe einen kleinen Geschmacksvorsprung gegenüber denen von VST. Dieser Unterschied ist jedoch gering und viel weniger ausgeprägt, als die Unterschiede zwischen den Produkten der beiden Hersteller und einem der billigen Standard-Siebe.
Für welches Sieb Sie sich nun entscheiden, bleibt – nicht nur – Geschmackssache. Vor allem ist zu berücksichtigen, welches Sieb am besten zu Ihrer Espressomaschine und den verwendeten Siebträgern passt. Eine kleine Entscheidungshilfe ist noch der Preis. Schließlich sind die IMS Siebe ein gutes Drittel günstiger als die Präzisionssiebe von VST.